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Benedikt Ledebur

Nach John Donne

DAS VORDRINGEN DER SEELE

erster gesang

I

ich sing vom vordringen der seele, die
den tod nicht kennt, das schicksal lenkt nicht, sie
fand platz in allen fast, gestalten, zeiten,
bevor gesetz uns band, seither ich sing,
wie ihrem abend welt entgegen ging,
von morgens kind zu mittags männlich breiten.
liess gold chaldäer, silber perser leiten
sie, bronze griechen, eisen römern scheinen;
sie überstehts, nicht stele seths aus steinen,
muss beugen sich (nur heilig schrift, sonst) keinen.

II

dich, himmels auge, soll sie nicht beneiden,
an dir saugt, was schloff aus der lichter scheiden.
im osten du die macht der nacht verkürzt,
aus tau und inselkräutern morgen hebt sich,
löst zügel, läufst du, jedes land belebt sich,
wenn senkrecht licht in themse, donau stürzt,
und nachts dein licht die sicht westindiens würzt.
so mehr gesehen hast du nicht als sie,
die einen tag vor dir begann, und die,
gelöscht dein licht, dich lange überlebt, stirbt nie.

III

noch, noah, dessen rettungsreiches schiff
die kirche, alle staaten inbegriff:
dies schwimmende kolleg, freie spital
der menschheit, käfig und vivarium
für tier, geflügel, dessen bauch wie uns
so nachkommen umschloss, gesetzt vom schicksal,
(von ihm sich leitet ab, was füllt das all,)
ist durch dein hehr verwalten nicht ertrunken
so viel gestalt, im schlingern nicht gesunken,
wie informiert, bewegt vom himmlisch hellen funken.


die primel

   wo sich in primeln hüllt
   ein hügel, himmel füllt
ein regenschauer, jeder tropfen passt
in seine primel, die den himmel fasst.
dass ihre form in sich unendlich werde,
   wird sie zur galaxie der erde,
   wie in den sphären kleine sterne:
ich geh zu finden wahre lieb; und sehe,
dass sie rein weiblich nicht, sie nicht ist, ehe,
was weiblich, mehr wie weniger bestehe.

   ich weiss nicht, blüht mir hier,
   was wünsch ich, sechs hat, vier;
wär wahre lieb mir weniger als weiblich,
wär sie fast nichts; wenn sie jedoch nicht leiblich
mehr wär als weiblich, höher zu floriern
   als sex, geschlecht, denkt zu forciern,
   sie nicht zu lieben, sie nur zu studiern:
sie so wie so monströs wär; muss es geben,
was falsch mir weiblich, bringt mich mehr zum beben,
was kunst mir webt, als, was mir webt das leben.

   so lebe, primel, prahl
   mit fünf, der wahren zahl;
was weiblich durch dich blüht, in dir verbrennt,
die mitte dieser zahl mystisch benennt;
wenn zehn die ganze zahl ist, halb sei dann
   dem weiblichen gewidmet, kann
   die hälfte von uns jede …, mann;
wenn ihrem trieb das nicht genügt, da all
die zahlen ungrad oder grade, fall,
wie die zuerst in fünf, ins weib das all.

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