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Bettina Baláka

trinidad und tobago

wie sie auftaucht aus dem schwiegervaterhaus und sich dreht vor dem brunnen, tante herta hat jetzt schon tränen im aug. sie irrt umher, das körbchen mit den ansteckblumen, kleine alte tante, sie beugt sich zu den krägen der kinder, sie nestelt an der großen männer revers. trompeten und pauken dürfen nicht fehlen, franz hat einen dichten, prächtigen bart. und sie schreiten vorbei an den sonnenblumen, die aus dem jägerzaun starren, sie schreiten hinunter ins dorf. aus vielen haustoren/hoftüren schließen sich mitziehende an, sie haben schon gewartet im lodenen anzug, in feiner, blumiger tracht. und sie ziehen vorbei am ersten wirtshaus, den ersten kleinen geschäften, die klarinetten schmettern harmonisch, nur ein paar steifgebügelte kinder brechen aus an den rändern/ dem feierlichen takt. und da ist es, an einer geschäftigen zeile, von einer nicht unbeträchtlichen straße einzusehen: dort haben die beiden einander kennengelernt: das franzväterliche lederwaren-, tapeten-, vorhang- und teppichbodengeschäft. oh, rufen die fotografen, stellen sie sich doch bitte an diesem kleinen mäuerchen auf, die auslagenscheiben dahinter, vom geschäftsinhaberischen namenszug überdacht! verena hat dort gearbeitet, als verkäuferin, sie kennt das geschäft, und der juniorchef war franz. mit der übergabe, mit der erbschaft, wird gemunkelt im frohen gefolge, wird es noch ein weilchen dauern - aber dort, zwischen den schweren riesenfächern von vor- und herunterhängenden mustern, den dicken stoffbahnen, die man auf ballen gewickelt kaum schleppen kann, den elefantenrollen von einlegbaren, aufgewickelten böden, den regalen, regalen von koffern: dort traf franz seine braut. und schon kommen die tapezierer, die gesellen, die lehrbuam, die "sattler- und tapezierermeister", in latzhosen und arbeitsanzügen, auf einem großen leiterwagen kommen sie! holla, und dort wird tapeziert, gekleistert und geleimt, mit bunten stoff- und tapetenstückchen geworfen, und stoff wird auf ein gepolstertes möbel gespannt, holla! die rollen fliegen, die pinsel fliegen, die nägel und hämmer fliegen, auf einem großen leiterwagen, das sind die tapeziererfreunde von franz.

so eine hochzeit, in das leben ist das ein großer schritt. während noch die gäste tanzen, die bügelgefalteten kinder tanzen, die weißen anstecksträußchen fallen und fliegen, während noch der braten verdaut wird unter zuhilfenahme von wein, während die torte angeschnitten wird mit einem gemeinsamen messer - ist schon alle vorbereitung geschehen. ein eigenes geschäft in einer weiter gelegenen kleinstadt, jünger und mehr spezialisiert, ein eigenes sortiment und etwas entfernt vom heimatlichen dorfe, denn dort gibt es ja schon ein tapezierer- und lederwarengeschäft. das geschäftslokal ist gekauft in einer gutgelegenen zeile der kleinstadt, alle prosten einander zu und die geglückt geschnittene torte wird von den kellnern verteilt, die taschen und koffer und geldbörsen sind ausgewählt und bestellt und geliefert, die registrierkasse steht, die kapelle spielt polka, walzer und schnell. schöne braut, sogar der schwiegervater wagt einen tanz mit seinem kaputtgeschossenen rücken, tante herta ist ein bißchen angeheitert vor freude, sie weint. (Auszug)

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